Kriegsstollen?
Der höchste Gipfel der Tour ist die Cima Rocca mit 1089 m. Er ist Teil des Rocchetta-Massivs und liegt im nördlichen Gebiet des Gardasees oberhalb vom Val di Ledro. Der benachbarte Gipfel Cima Capi ist mit seinen 909 m die kleine Schwester der Cima Rocca. Eine Besonderheit sind die noch vorhandenen tiefen Stollen aus dem 1. Weltkrieg. In diesen Kriegsstollen verbarrikadierten sich die Soldaten bei Bombardements und versuchten die Front rund um den nördlichen Gardasee vor feindlichen Angriffen zu schützen. Die hervorragende Fernsicht bot dabei einen idealen Standort für Schützengräben.
Auch heute noch sind die unzähligen, zum Teil verwinkelten Stollen betretbar. Bei einer Erkundung dieser zum Teil verwinkelten, dunklen Höhlen kann man sich nur schwer in die Situation der Soldaten hineinversetzen, die hier um ihr Leben kämpften. Wie haben die Truppen ihre schweren Flakgeschütze in dieses unwegsame Gelände gebracht? Wie muss es sich angefühlt haben, hier oben an die kalten, feuchten Wände gedrückt, auf den Feind zu warten? Hat der See damals auch so farbenfroh geleuchtet? Oder war alles in dem zerstörerischen Grauton der massiven Bombardements getaucht? Es ist auf jeden Fall ein interessantes Erlebnis in die Geschichte des Gebirgskrieges einzutauchen und die Berghänge nach den abgelegenen Stollen abzusuchen.
Die Tour
Wir beginnen die Tour im lebendigen Riva del Garda. Von dort führt der Weg zuerst über den Gardasee, steigt dann recht steil auf und leitet uns schließlich um die Cima Capi herum. Hier können einige der Kriegsstollen besichtigt werden. Am Südgrat der Cima Capi beginnt dann die Klettersteigtour mit insgesamt drei Klettersteigen:
Auf den Gipfel der Cima Capi führt der Via Ferrata Fausto Susatti (B). Dieser exponierte Klettersteig ist gut gesichert und bietet atemberaubende Blicke auf den Gardasee und das gegenüberliegende Monte Baldo Massiv. Der Via Ferrata Mario Foletti (B) führt von der Cima Capi wieder herunter zum Südhang der Cima Rocca. Auch dieser Weg ist sehr gut abgesichert, allerdings wird ein Klettersteigabstieg von vielen als psychisch herausfordernder als der vorherige Aufstieg empfunden. An der kleinen Kapelle San Giovanni beginnt dann der Aufstieg zum Gipfel der Cima Rocca. Der Via Ferrata Camminamenti (A/B) führt historisch und dunkel (eine Stirnlampe ist hier Pflicht) durch die Kriegsstollen des 1. Weltkrieges. Der Wanderweg 405 bringt uns dann langsam wieder hinunter zum See. Dabei passieren wir den Bastione, von dem wir einen wunderschönen Ausblick auf Riva del Garda bekommen.
Sicherheit
Die Klettersteige dieser Tour sind recht einfach, gut gesichert und für Anfänger und geübte Kinder (mit zusätzlicher Seilsicherung) geeignet. Dafür offenbaren sie einen spektakulären Blick auf den Gardasee. Auch wenn es immer wieder einige Menschen ohne Sicherung auf den Berg schaffen, sollte ein Klettersteigset Voraussetzung sein. Vor Kopfverletzungen durch Steinschläge und Abstürze schützt ein Helm. Der Via Ferrata Camminamenti erfordert zudem eine gute Stirnlampe. Bei Gewittergefahr sollten Klettersteige auf keinen Fall begangen werden! Die Wanderung hat eine Länge von 10,5 km. Durch die Klettersteige und Stollenbesuche haben wir jedoch 7,5 h für die ganze Tour gebraucht. Da auf der Tour keine Einkehrmöglichkeiten bestehen, sollte man unbedingt Proviant und genügend Wasser einpacken. Ebenso an Wetterschutzkleidung und feste Wanderschuhe denken!
Wanderung
Riva del Garda
Wir starten im belebten Riva del Garda, wo die Parkplatzssuche schon mal kniffelig werden kann. Es gibt ein Parkhaus im südlichen Stadteil, das sich jedoch recht schnell füllt. Früh kommen kann also ein Vorteil sein (von dem wir als Spätaufsteher natürlich mal wieder nicht profitieren konnten ;)). Am südlichen Ende der gut erhaltenen Altstadt liegt der Hafen von Riva. Schon jetzt an Ostern ist es so warm, dass einige Leute am Strand und auf der Promenade liegen, um sich zu sonnen. Von hier startet unsere Tour direkt am Wasser entlang Richtung Süden. Auf Höhe des langen Straßentunnels nach Limone zweigt rechts die Ponalestraße nach oben ab.
Der Sentiero della Ponale (D01) ist ein bekannter und stark frequentierter Wander -und Radweg, der von Riva del Garda ins Ledrotal verläuft. Auf 5,5 km verläuft der breite, einfache Weg unterhalb vom Val Sperone durch insgesamt 8 Tunnel und offenbart dabei immer wieder Traumausblicke über den Gardasee. Ein Schild warnt vor Steinschlaggefahr in diesem Gebiet. Der Weg ist geteilt und verläuft für Wanderer und Biker jeweils abwechselnd am See oder am Berg entlang. Hier bitte Rücksicht auf die Radfahrer nehmen und nur die empfohlene Wegseite benutzen! Nach circa 15 min zweigt rechts der Wanderweg Nr. 405 deutlich weniger stark besucht Richtung Cima Capi ab.
Zur Cima Capi
Der Pfad 405 (auf dem wir heute die meiste Zeit wandern werden) ist deutlich unwegsamer, enger und steiler als die Ponalestraße, von der wir kommen. Nach einigen Minuten erreichen wir einen ersten Kriegsstollen, der jedoch durch einen kleinen Wasserfall überflutet ist. Ein weiteres Schild warnt eindrücklich vor Steinschlaggefahr. Ab jetzt verläuft die Wanderung steil über Serpentinen durch einen Wald, der jedoch immer wieder Ausblicke über den See bietet.
Wir erreichen schließlich eine Kreuzung, an der der Sentiero delle Laste (Nr. 470) von Biacesa di Ledro kommend in unseren Weg mündet. Hier biegen wir nach rechts ab, finden weitere Stollen und arbeiten uns schließlich in dem engen Talkessel des Val Sperone nach oben. Über uns ragen die Gipfel der Cima Capi und Cima Rocca in den Himmel, während zwischen den orangefarbenen Felswänden der strahlendblaue Gardasee schimmert. Nach einem steilen Stück mit recht hohen Felsstufen und einem schmalen Pfad erreichen wir auf 730 m Höhe den Startpunkt der Via Ferrata Fausto Susatti.
Via Ferrata Fausto Susatti
Eine Informationstafel weist auf den Klettersteig hin. Der Weg ist anfangs noch sehr einfach und auch ohne Klettersteigausrüstung machbar. Gehpassagen wechseln sich mit leichten Kletterpassagen und Drahtseilsicherungen ab, bis wir zum Südgrat der Cima Capi kommen. Unser Blick wandert nach oben. Majestätisch erhebt sich der Gipfel vor uns. Jetzt geht es aufwärts und das ziemlich steil! An den etwas anspruchsvolleren Passagen haben sich schon weitere Bergenthusiasten versammelt.
Wir lassen den Kletterern vor uns etwas Vorsprung, bevor wir uns an den Anstieg wagen. Stück für Stück klettern wir dem Gipfel abwechselnd auf Stahltritten und Felsnasen entgegen. Selbst etwas rutschige Felshänge und offene Gratwanderungen sind dank der sehr guten Sicherung kein Problem. An einigen Stellen müssen wir anhalten und den Ausblick genießen. Ein irres Gefühl, wie der See unter unseren Füßen durchblitzt und der schneebedeckte Monte Baldo in den ersten Sonnenstrahlen des Jahres leuchtet. Dieser Ausblick und die Tatsache, dass wir hier nur an einem Stahlseil gesichert am fast senkrechten Felsen stehen, ist ein unbeschreibliches Erlebnis. Nach dem Überwinden eines ausgesetzten, schmalen Grats erreichen wir den Gipfel der Cima Capi.
Gipfel der Cima Capi
Die Fläche auf dem 909 m hohen Gipfel ist recht klein, weshalb wir unsere Pause kurzerhand ein kleines Stück weiter unten verbringen. Unter dem Gipfelkreuz haben Kletterer die Möglichkeit ihre Tour in einem Gipfelbuch einzutragen. Über eine Geländeschulter steigen wir schließlich ein kurzes Stück Richtung Nordwesten ab. Der Weg ist durch Drahtseile gesichert. Wir folgen der 405 auf gleicher Höhe bis zu einer Kreuzung. Hier geht der Weg Nr. 405 rechts weiter Richtung Val Sperone/Riva del Garda. Dies ist eine prima Abkürzung für alle, die entweder keine Lust oder keine Zeit mehr für die beiden anderen Klettersteige haben. Wir biegen hier jedoch nach links auf die 460 ab. Nach einem weiteren großen Kriegsstollen beginnt nun die Via Ferrata Mario Foletti, die uns links um die Cima Rocca führen wird.
Via Ferrata Mario Foletti
Der Klettersteig beginnt an einer glatten Felswand, die mit Hilfe von Stahltritten überwunden wird. Anschließend geht es über recht große Felsen am Südhang der Cima Rocca zuerst ein kleines Stück bergauf, schließlich aber auch wieder recht steil bergab. Die exponierten Tritte am abschüssigen Felsen und der kurze, aber steile Abstieg verlangen dem Kletterer mental etwas mehr ab als die Via Ferrata Fausto Susatti. Dennoch ist auch dieser Steig bestens gesichert und erfordert keine großartige technische Erfahrung.
Bivacco Arcioni
Über einen schmalen Pfad Nr. 460 erreichen wir das Bivacco Arcioni. Von dieser Selbstversorgerhütte haben wir nochmal einen grandiosen Blick über den Gardasee. Hinter dem Bivacco liegt die kleine Kapelle Chiesa San Giovanni, die idyllisch auf 885 m über dem wunderschönen Talort Biacesa di Ledro thront. Das Dorf liegt eingebettet in einem grünen Talkessel, während die tiefstehende Sonne die Landschaft in einen mystischen Blauschleier taucht. Wer möchte, kann von hier oben über die 470 oder die 460 nach Biacesa absteigen und per Taxi oder Bus nach Riva del Garda zurückfahren.
Via Ferrata Camminamenti
Vor der Kirche zweigt nach rechts oben der ausgeschilderte Sentiero dei Camminamenti (Nr. 471) ab. Er führt mit Hilfe von Drahtseilen und Eisenbügeln durch das verzweigte Stollensystem unterhalb der Cima Rocca. Der erste Kriegsstollen wird über eine senkrechte Leiter wieder verlassen. Ab hier kann man entweder den Gipfelsteig mit leichten Kletterstellen (A/B) zum höchsten Punkt unserer Tour auf 1089 m wählen oder man entscheidet sich für den Weg durch den knapp 100 m langen Stollen.
Technisch stellt er kein Problem dar, wenngleich eine Stirnlampe nicht fehlen sollte, damit man sich in dem dunklen Labyrinth aus Tunneln und Gräben nicht verirrt. Auch von hier erreicht man nach einem kurzen Spaziergang den Gipfel der Cima Rocca. Allen, die den Gipfel (und das interessante Stollensystem) nicht mehr erklimmen möchten, sei die Abkürzung über die Nr. 460B empfohlen, die die Cima Rocca umrundet und von der Bocca Sperone wieder auf die Nr. 405 Richtung Riva del Garda führt.
Der Abstieg
Nachdem wir die Aussicht vom Gipfel der Cima Rocca ausgiebig genossen haben, steigen wir Richtung Riva del Garda wieder ab. Von hier treffen wir wieder auf den Wanderweg Nr. 405, der nun lange Zeit oberhalb vom Val Sperone verläuft und uns tolle Ausblicke über den Gardasee liefert. An einigen Stellen verläuft der Weg recht eng am Wandabbruch. Obwohl er dabei immer mit Drahtseilen gesichert ist, sollte man hier schwindelfrei sein. Am nördlichen Ende des engen Talkessels liegt der Monte di Riva (960 m) mit einem großen, verzweigten Kriegsstollen, der tolle Ausblicke über das Val Sperone und den Gardasee bietet.
Ab hier kann man einmal über die 404A nach Riva del Garda absteigen und dabei die kleine Kapelle Santa Barbara besuchen oder die kürzere 405 weiter verfolgen. Da es schon recht spät ist, wählen wir die kürzere Variante Nr. 405. Über Serpentinen und vorbei an weiteren Stollen geht es nun bergab durch einen Wald, bis wir eine Trinkwasserquelle an einer Festungsruine passieren. Von hier an verläuft der Weg wieder lange Zeit auf gleicher Höhe über dem See. Einige Male haben wir dabei einen schönen Blick über Riva del Garda.
Riva del Garda
Als wir schließlich an dem schön illuminierten Bastione auf 211 m ankommen, ist es schon dunkel geworden. Wir steigen ins zweite Stockwerk der ehemaligen venezianischen Festungsanlage aus dem 16. Jahrhundert und beobachten das urbane Treiben unter uns. Noch ein paar Schritte und wir sind zurück im Lärm der belebten Stadt. Als wir Riva del Garda oberhalb vom Parkhaus MonteOro erreichen, beschließen wir, noch zum Seeufer zu spazieren. Der Duft von gutem italienischem Essen treibt uns in die Altstadt. Gibt es etwas schöneres als so einen langen, sportlichen Tag in den Bergen mit Rotwein, Pasta und Eis am Seeufer ausklingen zu lassen?
Fazit
Die Klettersteigrunde um die Cima Capi ist mittlerweile über die Grenzen hinweg bekannt und das nicht ohne Grund! Insgesamt drei sehr unterschiedliche Klettersteige in einer recht einfachen und leicht zugänglichen Rundtour mit atemberaubenden Ausblicken – was will man mehr? Startet man die Tour in Biacesa di Ledro anstatt in Riva del Garda, dann kann man dank dem Sentiero delle Laste sogar vier Klettersteige in einer Runde absolvieren. Die Klettersteige sind zwar sehr exponiert, doch stets gut abgesichert und niemals zu schwer, womit sie auch für Anfänger und sportliche Kinder (eventuell mit zusätzlicher Seilsicherung) geeignet sind. Auf 10,5 km überwinden wir jedoch insgesamt 1439 Höhenmeter, so dass sich die Tour inklusive Warte -und Pausenzeiten zwischen 5,5 und 7,5 h ziehen kann. Also: Kondition, Verpflegung, Klettersteigset und Stirnlampe einpacken und auf zu einer der abwechslungsreichsten, einfachen Klettersteigrunden mit spektakulären Ausblicken im Gardasee-Gebiet!
Weitere Informationen und Fotos zu dieser Tour findet ihr in dem interessanten Blogbeitrag vom „Outdoormädchen“ Corinna!
Auf Outdooractive findet ihr unsere Route: