Erste Hindernisse!
Top motiviert stehen wir um 10:00 mit unseren (mal wieder viel zu schweren) Rucksäcken an der Talstation des Paolinalifts in Karersee. Während die Sessel der Seilbahn an uns vorbeiziehen, sind wir uns einig: die Auffahrt ist eine super Idee! So sparen wir uns lästige 525 Höhenmeter durch ohnehin nicht allzu interessantes Gelände. Aber bei wem bezahlt man hier? Während Stefan nochmal die Öffnungszeiten checkt, regt sich plötzlich etwas im Kassenhäuschen hinter uns. Juhu, endlich! Ein grimmig blickender Mann klopft an die Scheibe und hält ein kleines selbstgeschriebenes Pappschild hoch. „Liftbetrieb startet am 27.05.17!“ Super Sache, denn heute ist der 26.05.17! Irgendwie war doch klar, dass unser Plan nicht ohne Tücken funktionieren und aus einem vermeintlich kurzen Spaziergang mal wieder eine ausgewachsene Wanderung wird.
Achtung Schlange!
Nachdem wir einen neuen Schlachtplan ausgetüftelt haben, parken wir unser Auto auf dem Parkplatz direkt an der Via Nigra zwischen Frommer Alm und Karersee. Von hier aus windet sich ein schmaler Wanderweg durch den Wald am Kaiserstein. Recht schnell lassen wir die Bäume allerdings hinter uns und marschieren ungeschützt und in der prallen Sonne den doch ziemlich steilen Weg hinauf. Während wir beide wortlos den Berg hochhecheln und jeder seinen eigenen Gedanken nachhinkt („Bei der Hitze hätten wir vielleicht doch lieber zu einem Badesee fahren sollen?“ „Wieso muss ich eigentlich ständig auf irgendwelche Berge kraxeln?“), macht Stefan ziemlich unvermittelt einen gewaltigen Satz zurück.
Mitten auf dem Weg sonnt sich eine junge Kreuzotter. Oder besser gesagt, sie sonnte sich da, denn nun schlängelt sie sich ziemlich aufgeregt an uns vorbei ins Gebüsch. Oh mein Gott, wie genial! Ah, wieso ist das Weitwinkelobjektiv auf der Kamera (und wieso ist überhaupt ständig ausgerechnet das Objektiv drauf, das man nicht braucht?)? Kurzum: als wir schussbereit sind, ist die Schlange natürlich schon längst in den Tiefen des Gebüschs verschwunden. Dafür ist unsere Motivation wieder geweckt. Schnell wird die 500 mm Brennweite draufgeschraubt und die Pflanzen im Safari-Stil abgesucht. Wo eine Kreuzotter ist, da werden sich sicher noch andere interessante Tiere finden lassen!
Der Hirzelweg
Endlich ist es geschafft! Wir sind auf 2200 m oberhalb der Baumgrenze und haben damit den eigentlichen Startpunkt unserer Tour erreicht. Ab jetzt führt uns der gut ausgebaute Hirzelweg zur Kölner Hütte (auch als Rosengartenhütte bekannt) und beschert uns fortwährend atemberaubende Ausblicke auf das Felsmassiv der Rosengartengruppe und die umliegende Bergwelt. Dabei bleiben wir fast dauerhaft auf der gleichen Höhenlage. Als wir uns auf einer der zahlreichen Bänke über unser Lunchpaket hermachen, bekommen wir Besuch von den frechen Alpendohlen. Es ist faszinierend ihnen beim Fliegen zuzusehen. Spielerisch manövrieren sie sich im Wind direkt auf unsere Brotboxen, um uns dann mit einem schrägen Blick aus einem ihrer gelben Augen anzuschauen. Als sie bemerken, dass es aussichtslos ist, heben sie lautlos und ohne einen Flügelschlag wieder ab. Da kann man direkt neidisch werden…
Klettersteig?
Hinter der imposanten Kölner Hütte, die Ende Mai noch nicht bewirtschaftet ist, verläuft der Wanderweg 550 rechts hoch Richtung Tschagerjoch/Zigolade Pass. Nach einigen Metern erreichen wir ein Schild mit dem Rückruf eines Klettersteigsets. Hm? Klettersteigset? Stand in der Beschreibung nicht, dass dies ein T3 Wanderweg sein soll? Ein weiteres Paar schießt beim Anblick der Stahlseile und Tritte ein letztes Selfie und tritt den Rückzug an. Ratlosigkeit macht sich bei uns breit. So war das nicht geplant! Ein Italiener kommt uns mit Klettersteigset und Helm entgegen. Auf dem Via Ferrata wäre noch zuviel Schnee gewesen, aber wir könnten definitiv ein Stück ohne Sicherung hochklettern. Die Ratlosigkeit bleibt…
Wir beschließen es einfach ein Stück zu probieren und im Zweifel wieder umzukehren. Für irgendwas muss es ja Gut sein, dass wir 5 Jahre lang alpin geklettert sind. Stück für Stück klettern wir die Felsen mit Hilfe der Stahlseile und Tritte hoch. Alles im grünen Bereich, eine Sicherung ist momentan wirklich noch nicht notwendig. Lediglich die allerletzten Schneereste nerven an einigen Stellen etwas. Nach der ersten Kletterstelle schauen wir zurück und sind von dem traumhaften Panorama tief beeindruckt. Unter diesen Umständen bleibt uns nichts anderes übrig als weiterzuwandern. Eine weitere leichte Kletterstelle und wir haben nach insgesamt circa 10 min und 80 Höhenmetern ein Plateau erreicht. Hier biegt ein Weg links zu einem Klettersteig ab (womit klar wäre, was der Italiener und die Schilder vorhin gemeint haben), während der 550 als gut ausgebauter Wanderweg rechts weiter zum Tschagerjoch verläuft.
Zuviel Schnee am Tschagerjoch
Der Weg führt uns nun immer näher an die Felswand heran und die Höhe des Massivs wird uns dabei von Schritt zu Schritt stärker bewusst. Während wir auf einer Bank pausieren (wer hat die hier oben eigentlich aufgestellt?), können wir die Alpendohlen ein weiteres Mal bei ihren Flugkünsten beobachten. Die letzten Höhenmeter zum Tschagerjoch müssen aber schließlich noch in Form einer Aufstiegsrinne bezwungen werden.
Durch stellenweise kniehohen weichen Schnee versuchen wir uns vorsichtig vorwärts zu tasten. Ständig versinken unsere Beine dabei bis zum Oberschenkel, ständig rutschen wir auf dem unwegsamen Gelände aus Nassschnee und Geröll weg. Das Tauwetter lässt zudem öfters einige Steine herabregnen. Angesichts der Tatsache, dass die Holzbrücken und Leitern noch nicht aus dem Winterschlaf geholt und repariert wurden, stellen sie unter den Schneemassen in diesem ausgesetzten Bereich eher Hindernisse als Hilfen dar. Aber mittlerweile liegt nur noch ein kleines Stück bis zum Erreichen des Tschagerjochs auf 2670 m und damit dem höchsten Punkt der Tour vor uns. Wir hoffen einfach darauf, dass es danach deutlich leichter weitergeht.
Tja, was soll ich sagen? Als wir endlich oben ankommen und auf den Nordhang blicken, sehen wir nichts als eine geschlossene Schneedecke vor uns. Jetzt, wo ich das Wort „Nordhang“ benutze, wird mir auch der Irrwitz unserer Wanderlogik bewusst, aber hey: die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Einen Versuch war es doch wert, oder nicht? Zumindest ist es ein atemberaubendes Gefühl hier eingekeilt zwischen zwei Gipfeln am Tschagerjoch zu sitzen, die grandiose Aussicht zu genießen und sich winzig klein zu fühlen.
Der Abstieg
Da ein Schneehang-Abstieg mit unserer Ausrüstung definitiv nicht möglich ist, müssen wir wohl oder übel den gleichen Weg auch wieder herabsteigen. Hatten wir schon beim Aufstieg das Gefühl, dass wir uns in nicht mehr ganz sicherem Terrain bewegen, so beweist uns der Rückweg erst recht sein Kopfkino-Potenzial. Ein Ausrutschen auf dem Geröll-Schnee-Mix oder ein Steinschlag kann an dieser exponierten Stelle schnell zu einer ungebremsten Achterbahnfahrt ins Tal werden. Vorsichtig klettern wir die gefährlichen Passagen herab, immer auf so viele Punkte wie möglich am Berg bedacht und mit genügend Abstand zum Anderen. Als wir die Schnee -und Kletterabschnitte hinter uns gelassen haben, schlagen wir erleichtert ein. Solche anspruchsvollen und ausgesetzten Abschnitte fordern einfach doch ihren Tribut an die Konzentration. Wir sind eindeutig Genusswanderer! ;)
Murmeltiere
Kurz bevor wir wieder zum Kaiserstein absteigen, hören wir Pfiffe von Alpenmurmeltieren. Und tatsächlich: rechts von uns rennen sie auf einer kleinen Wiese zwischen ihren Steinvillen, Grasschrebergärten und Höhlenwohnungen Hin und Her. Dabei permanent auf der Hut vor lauernden Gefahren wie Steinadler, Rotfuchs oder Wanderer wie uns, auf die mit dem typischen Murmeltierpfiff hingewiesen wird. Unser kleiner Freund hier scheint uns nach einer Weile jedoch vergessen zu haben (danke Stefan, dass du die 500er Brennweite auch auf unseren Bergwanderungen mitschleppst ;) ). Relaxt genießt er die letzten Strahlen der Abendsonne, während wir ihn entspannt am Wegrand sitzend beobachten. Als wir schließlich am Auto ankommen, leuchtet das Massiv des Rosengartens schon orange-rot. Ein toller Tag, der mit dem typischen Alpenglühen der Dolomiten seinen Abschluss findet.
Unsere Tour und die Umrundung der südlichen Rosengartengruppe findet ihr auch wieder auf Outdooractive:
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