Wie lange hat mir die Bergtour auf den Hochvogel schon in den Fingern gejuckt? Obwohl er mit seinen 2592 Metern nur den dreizehnthöchsten Gipfel im Allgäu darstellt, sticht die imposante Pyramide wahrlich heraus. Die umliegenden Berge sind allesamt 200-300 Meter niedriger, so dass der König der Allgäuer Alpen, wie der Hochvogel auch oft genannt wird, über weite Teile der Region zu herrschen scheint. Von seinem Gipfel hat man einen unglaublichen 360°C Weitblick über das Allgäu.
Die Aussicht, dass sich dieser Berggipfel nicht mehr lange so dominant in den Himmel reckt oder gar weiterhin bestiegen werden kann, hat mich zudem etwas unter Zeitdruck gesetzt. Der große Riss, der durch den Hochvogel führt, wird zunehmend breiter und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis es zu einem großen Felsabbruch kommt, der die Form oder Größe des Berges nachhaltig verändern wird. Jetzt habe ich auch euer Interesse geweckt? In diesem Blogartikel beschreibe ich die schwere, zweitägige Wanderung vom Hintersteiner Tal über die Kreuzspitze auf den Hochvogel. Übernachtet haben wir in dem schönen Prinz Luitpold Haus, der Abstieg erfolgte über den Kalten Winkel.
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Inhalt
Die Wanderung auf den Hochvogel im Überblick
So herrschaftlich wie sich der Hochvogel über seine umliegenden Berge erhebt, so wenig hat er natürlich zu verschenken. Durch den recht hohen, technischen Schwierigkeitsgrad mit einigen Kletterpassagen, den 1645 zu überwindenden Höhenmetern (im Aufstieg) und die mühsame Anreise ins autofreie Hintersteiner Tal, empfehle ich euch daher die insgesamt 18km lange Wanderung auf zwei Tage zu legen. Das hat auch den Vorteil, dass ihr in dem schönen Prinz Luitpold-Haus übernachten und am nächsten Morgen entspannt und ausgeruht die konzentrationsfordernde Kletterei zur Kreuzspitze angehen könnt.
„Ganz oben zu sein, die Schwierigkeiten überwunden zu haben, ohne Angst, als eine gemeinsame Leistung – das ist das beste Gefühl überhaupt.“
Ines Papert
Die zweitägige Wanderung startet am Giebelhaus, am Ende des Hintersteiner Tals. Da das Hintersteiner Tal aus Naturschutzgründen für den Autoverkehr gesperrt ist, müsst ihr entweder laufen (mindestens 4,5 km auf einer Asphaltstraße), den Wanderbus nehmen oder ins Tal biken. Wir haben auf dem Parkplatz P1 geparkt, sind von da mit dem Fahrrad immer an der Ostrach entlang ins Hintersteiner Tal gefahren, haben das Bike kurz vor der Talstation des Versorgungslifts vom Prinz Luitpold Haus neben die etlichen anderen Fahrräder geparkt und sind von dort losgewandert.
Von hier folgt man dem einfachen, aber recht steilen Weg am Bärgündele-Wasserfall und der Alpe Bärgündele vorbei zum Prinz Luitpold Haus, das man 3,3 km und 644 Höhenmeter später erreicht. Nach einer Übernachtung im Matratzenlager geht es morgens früh los zur Kreuzspitze. Dies ist der technisch anspruchsvollste Teil der Wanderung, da er einige Kletterpassagen enthält. Ein paar weitere Kletterstellen führen dann auch wieder ein paar Meter bergab, um schließlich den eigentlich anvisierten Zielgipfel, den Hochvogel zu erklimmen. Auch hier warten ein paar hohe Stufen auf uns, die den Einsatz der Hände voraussetzen, doch ist die Kletterei deutlich entspannter und weniger exponiert als an der steilen Kreuzspitzwand.
Nach Erreichen des Gipfels steigen wir über das Ganzjahresschneefeld im Kalten Winkel und die Balkenscharte wieder zum Prinz Luitpold Haus ab, wo ein leckeres Mittagessen auf uns wartet. Auf dem Aufstiegsweg geht es von hier aus weiter hinab zu unseren geparkten Fahrrädern, auf denen wir jetzt einfach nur noch gemütlich nach Hinterstein abrollen müssen.

Sicherheit auf der Bergtour zum Hochvogel
Steht man vor dem Hochvogel und blickt auf seinen pyramidenartigen, schroffen Gipfel, fragt man sich schon, ob es eine gute Idee war, dass man das Seil heute zuhause gelassen hat. Aber keine Sorge: wie so viele Berge entpuppt sich auch der Hochvogel, je näher man ihm kommt, als ein kleiner Hochstapler. Die Wegführung ist dank unzähliger roter Markierungen einfach zu finden und trittsichere, schwindelfreie, Bergwanderer werden mit den leichten Kletterpassagen auch keine Probleme haben. Zur Not gibt es bei dem Klettersteig zur Kreuzspitze auch die Möglichkeit sich mittels Klettersteigset zu sichern. Dennoch: die Tour ist momentan die technisch schwerste auf meinem Blog und setzt Erfahrung in den Bergen und eine gute Planung voraus.
Aufstiegsroute und Abstiegsroute
Dazu gehört auch die Wahl, welchen der beiden Wege man als Aufstiegs -bzw. Abstiegsroute wählt. Hoch zur Kreuzspitze führt ein leichter Klettersteig, den die meisten ungesichert gehen. Man hat genügend Tritte und Griffmöglichkeiten, so dass dies auch kein größeres Problem darstellt. Da die Passage allerdings sehr steil und exponiert ist, sollte jedem bewusst sein, dass eine kurze Unkonzentriertheit hier gravierende Folgen haben kann. Zudem herrscht rund um die Kreuzspitze Steinschlaggefahr, die einen Helm äußerst sinnvoll macht.
Hat man den Klettersteig der Kreuzspitze gemeistert, sollte der letzte Aufstieg zum Hochvogel kein größeres Problem mehr sein. Da ich Schlüsselstellen gerne an den Anfang einer Tour setze und Kletterpassagen lieber im Auf- als im Abstieg bewältige, würde ich den Aufstieg über die Kreuzspitze weiterempfehlen. Der Abstieg erfolgt dann allerdings über den Kalten Winkel. Dies ist ein sehr steiles Ganzjahresschneefeld, dass besonders am Anfang der Saison groß und vor allem am frühen Morgen vereist sein kann. Dann empfiehlt sich auf jeden Fall der Einsatz von Grödel (in diesem Beitrag habe ich etwas über Grödel bzw. sogenannte Leichtsteigeisen geschrieben: https://www.travelmorebabbleless.com/allgaeu-eistobel-winter/).
Wenn ihr über die Kreuzspitze aufgestiegen seid, habt ihr jetzt den Vorteil, dass ihr das Ganzjahresschneefeld in Ruhe analysieren und einschätzen könnt. Zur Not kann die Aufstiegsroute über die Kreuzspitze ja auch wieder als Abstiegsroute gewählt werden. Ein weiterer Vorteil dieser Streckenwahl kann die Nachmittagssonne sein, die den Schnee etwas antauen lässt. Im Hochsommer ist der Kalte Winkel meistens schneefrei, so dass wir keinerlei Probleme mit dem Abstieg hatten.





Das richtige Equipment zum Besteigen des Hochvogels
Über das Equipment habe ich mir dieses Mal etwas mehr den Kopf als sonst zerbrochen. Liegt noch Schnee im Kalten Winkel? Brauche ich einen Helm? Gerade bei einer Übernachtungstour versuche ich möglichst Gewicht zu sparen. Würde ich die Tour nochmal (gleiche Jahreszeit und gleiches Wetter vorausgesetzt) planen, dann würde ich die Grödel dieses Mal ohne schlechtes Gewissen zuhause lassen, auf den Helm aber nicht verzichten wollen. Achtung: zu einem früheren Zeitpunkt im Jahr (ich habe die Tour Mitte August gemacht) oder nach Kaltwetterperioden kann das Schneefeld im Kalten Winkel aber Grödel erfordern! Zudem sind Wanderstöcke hilfreich auf den steileren Schotterpassagen oder beim Hüttenaufstieg. Eine gute Wetterschutzjacke, feste Bergschuhe, ausreichend Wasser und Proviant, eine Karte (und/oder GPS-Gerät), ein Handy, eine Stirnlampe und ein Erste-Hilfe-Set* sollten eigentlich selbstverständlich sein.
Zur Übernachtung auf dem Prinz Luitpold Haus benötigt ihr einen Hüttenschlafsack und Hüttenschuhe. Mit eurem DAV Ausweis bekommt ihr Rabatt. Gegen eine geringe Gebühr könnt ihr euer Handy in einem abschließbaren Fach mit Solarstrom aufladen lassen.
Das richtige Wetter für den Hochvogel
Bitte überprüft vor der Bergwanderung genauestens den Wetterbericht. Die Tour und der Gipfel sind sehr ausgesetzt und besonders bei Gewitter zu vermeiden. Die Kletterpassage wird bei Nässe deutlich schwieriger und gefährlicher.
Lust auf weitere Wanderungen im Allgäu?
Der Riss – der Hochvogel droht auseinanderzubrechen
„Matterhorn des Allgäus“, „König der Allgäuer Alpen“- egal wie majestätisch der Hochvogel auch genannt wird, im Grunde seines Herzens ist er äußerst fragil und zerbrechlich. Seine herrschaftlichen Zeiten sind zumindest nach Meinung von Forschern gezählt. Der Grund: seit mehr als 100 Jahren durchzieht ein langer Riss den Gipfel des Hochvogels, der von Jahr zu Jahr größer wird. Besonders die durch den Klimawandel beeinflussten Extremwetterlagen haben zu einer starken Erweiterung des Hauptrisses und vielen kleinen weiteren Störungen im Gipfelbereich geführt. Derzeit ist der sichtbare Hauptriss 40 Meter lang, 8 Meter tief und knapp 3 Meter breit.
Niemand weiß, wann genau der Hochvogel auseinanderbrechen wird, aber dass es in einer absehbaren Zeit passiert, gilt als gesichert. Seit 2014 ist deshalb der südliche Aufstieg vom Bäumenheimer Weg behördlich gesperrt. Knapp 260.000 Kubikmeter Gestein droht in mehreren Etappen auf die österreichische Seite Richtung Hinterhornbach abzustürzen. Momentan überwachen Wissenschaftler der TU München mit GPS-Sensoren, Drohnen oder Laserscannern den Hochvogel. Er gilt mittlerweile als Testlabor für weitere prognostizierte Felsstürze, die sich in Zukunft durch den Klimawandel mehren werden. Die Hoffnung ist ein Frühwarnsystem, dass ein bis drei Tage vor dem Felsabbruch zu einer Sperrung der weiteren Aufstiege führt. Für die Bevölkerung oder das 2 km entfernte Hinterhornbach bestehe aber, außer einer Staubwolke, keine Gefahr.

Die wichtigsten Informationen zur Wanderung auf den Hochvogel
Parkplätze
Plant ihr die Tour wie ich mit einer Übernachtung im Prinz Luitpold Haus, empfehle ich euch den Parkplatz „Säge“ kurz vor Hinterstein (47.48408876969295, 10.389040402848016). Er kostet 7,00€ pro Tag (Stand 04/2024), ist aber momentan der einzige Parkplatz ohne Nachtparkverbot. Die anderen beiden offiziellen Parkplätze in Hinterstein sind mit 10€ pro Tag etwas teurer. Die Bezahlung ist mit Kleingeld, Girokarte und der Parkster App möglich. Bitte beachtet, dass die Parkplatzsituation in Hinterstein besonders in den Ferien und an schönen Wochenenden äußerst angespannt sein kann. Bei einer späteren Anreise kann es notwendig sein, auf dem Busbahnhof in Bad Hindelang zu parken und mit dem Bus nach Hinterstein zu fahren.
Wie komme ich ins Hintersteiner Tal?
Anreise mit dem Bus
Der Giebelhausbus bringt euch schnell und unkompliziert für 5,50€ (Stand 04/2024) von der Haltestelle Rauhornweg in Hinterstein (unterhalb vom Parkplatz „Auf der Höh“ 47.47467811215716, 10.416527552538712) zum Giebelhaus im Hintersteiner Tal. Bitte beachtet den aktuellen Fahrplan für die erste Hinfahrt, sowie die letzte Rückfahrt. Im Sommer kann der Bus zu den Stoßzeiten sehr voll werden. Vom Giebelhaus bis zum eigentlichen Ausgangspunkt der Wanderung sind es dann nochmal 2,5 km und 200 Höhenmeter.
Wie wäre es mit dem Fahrrad?
Da wir unabhängig vom Busfahrplan des Giebelhausbusses sein wollten und der Mehrtagestourenparkplatz „Säge“ sowieso einen Fußweg zur Bushaltestelle erfordert, haben wir uns dazu entschlossen, mit dem Fahrrad ins Hintersteiner Tal zu fahren. Das hat zusätzlich den Vorteil, dass man bis kurz vor der Talstation der Materialseilbahn vom Prinz Luitpold Haus radeln kann und sich so den recht langweiligen Aufstieg vom Giebelhaus auf der Asphaltstraße zum eigentlichen Ausgangspunkt der Wanderung spart. Der Weg vom Parkplatz „Säge“ bis zum Ausgangspunkt der Wanderung beträgt insgesamt 14,4 km und 555 Höhenmeter. Kurz vor der Talstation der Materialseilbahn des Prinz Luitpold Haus sind meistens recht viele Fahrräder an einem Zaun geparkt (47.404678577500924, 10.409271989533048). Hier könnt ihr euer Fahrrad ebenfalls anschließen, die Wanderschuhe festziehen und mit der eigentlichen Wanderung starten.



Für echte Vollblutwanderer: die Wanderung ins Hintersteiner Tal
Ihr liebt Wandern? Dann könnt ihr natürlich auch ganz unkompliziert die Wanderung zum Hochvogel erweitern, indem ihr ins Hintersteiner Tal lauft. Der Weg verläuft zwar meistens auf einer Teerstraße, die bis auf ein paar Anlieger und den Giebelhausbus autofrei ist, führt aber fast ständig an der schönen Ostrach entlang. Die Landschaft ist typisch für ein Allgäuer Bergtal, mit dem Jägerhaus und dem Giebelhaus gibt es zwei Einkehrmöglichkeiten und ihr passiert zudem die pittoreske, komplett aus Holz erbaute Hubertuskapelle. Die Wanderung vom Parkplatz „Säge“ zum Ausgangspunkt der Bergtour auf den Hochvogel ist 14,4 km lang und überwindet 555 Höhenmeter.
Startpunkt/Endpunkt der Wanderung
Start -und Endpunkt ist der Fahrradparkplatz Bärgündle (47.40454385159094, 10.409279375087923) kurz vor der Talstation der Materialseilbahn vom Prinz Luitpold Haus.
Tourenprofil
Ausgangsort: 1200 m
Höchster Punkt: 2590 m
Höhenmeter: jeweils 1468 m
Länge: 12,9 km
Dauer: ca. 8 h
Schwierigkeit: schwer
Meine Route inklusive .gpx Daten zu der Wanderung auf den Hochvogel
Auf Outdooractive findet ihr meine Route. Hier könnt ihr euch auch die .gpx Datei herunterladen: https://www.outdooractive.com/de/route/bergtour/allgaeu/bergwanderung-auf-den-hochvogel/290610432/
Die beste Jahreszeit am Hochvogel
Die Wanderung auf den Hochvogel erfordert schneefreie Bedingungen im Klettersteig. Die findet ihr in der Regel zwischen Juli und Oktober vor. Das Prinz Luitpold Haus empfängt seine Gäste von Anfang Juni bis Anfang Oktober.

Einkehrmöglichkeiten & Übernachtung
Auf der Tour steht euch lediglich das Prinz Luitpold Haus als Einkehrmöglichkeit zur Verfügung. Das ist aber auch keine Schande, denn seit seiner Renovierung 2021 setzt das wunderschön gelegene Schutzhaus deutlich stärker auf Nachhaltigkeit. Eine Reduzierung auf 160 Schlafplätze hat zu kleineren Zimmern mit größeren Matratzen und mehr Ablageflächen geführt. Für eine der ältesten Berghütten im Allgäu kommt das Prinz Luitpold Haus jetzt etwas moderner daher, ohne aber den ursprünglichen Charakter einer alpinen Schutzhütte verloren zu haben. Die Strom -und Wasserversorgung funktioniert autark und trotzdem habt ihr die Möglichkeit, gegen eine kleine Gebühr z.B. euer Handy in abschließbaren Fächern zu laden.
Beim Essen setzt die Hüttenküche mittlerweile komplett auf Bio und versucht, soviel Nahrungsmittel wie möglich von lokalen Herstellern zu beziehen. Das Essen ist bodenständig und für eine Berghütte gut. Als Übernachtungsgäste habt ihr die Wahl zwischen einem reichhaltigen Abendessen mit drei Gängen oder Halbpension mit Frühstück. Entspannt man allerdings nach dem ersten Anstieg auf der Terrasse, den Blick auf die rotgefärbten, schroffen Berghänge gerichtet und die Vorspeise mit einem kühlen Bier auf dem Tisch stehend, ist der Wohlfühlfaktor deutlich höher als in einem Sternerestaurant. Wenn dann noch abends einer der Gäste die Gitarre rausholt oder man andächtig den Gesprächen an den Nachbartischen lauscht, während über dem Prinz Luitpold Haus die Sterne herauskommen, dann fühlt man sich so weit weg vom Alltag wie selten! Falls ihr im Prinz Luitpold Haus übernachten wollt, solltet ihr unbedingt vorzeitig reservieren!






Noch nicht genug? So erweitert ihr die Wanderung auf den Hochvogel
Rund um das Prinz Luitpold Haus gibt es unzählige Wandertouren. Ein relativ kurzer Abstecher führt z.B. zum 2163 Meter hohen Wiedemerkopf, der sich schroff neben der Schutzhütte erstreckt. Nach einer weiteren Übernachtung könntet ihr auch den Jubiläumsweg zum Schrecksee in Angriff nehmen und von dort wieder hinab nach Hinterstein zu eurem Ausgangsort wandern. Damit hättet ihr eine wunderschöne, entspannte Rundtour durch einen der schönsten Teile des Allgäus.
Folgt ihr dem Jubiläumsweg komplett zur Landsberger Hütte (12,3 km, 750 hm), empfehle ich euch zusätzlich den Aufstieg zur Roten Spitze oder den Klettersteig zur Lachenspitze. Nach einer Übernachtung auf der Landsberger Hütte führt die Wanderung am Traualpsee und dem bekannten Vilsalpsee nach Tannheim, von wo aus ihr einen Bus zurück nach Hinterstein nehmen könntet. Auf der Via Alpina, einem der schönsten Höhenwege, geht es in 4-5 Stunden vom Prinz Luitpold Haus zum Edmund Probst Haus auf dem Nebelhorn. Hier warten weitere, tolle Touren auf euch, wie der Hindelanger Klettersteig, oder die Drei-Seen Tour am Koblat -, Laufbichl, -oder Engeratsgundsee vorbei zur Schwarzenberghütte im Hintersteiner Tal. Von hier ist es wieder nur ein kleiner Katzensprung zu eurem Ausgangsort in Hinterstein.
Die Wanderung über den Hochvogel im Detail – mein Wanderbericht
„Das Wetter sieht jetzt doch stabil aus! Das könnte etwas werden!“ Lange hatten mein guter Freund Daniel und ich überlegt, ob wir die Reservierung vom Prinz Luitpold Haus wieder canceln müssen. Es war Mitte August, unglaublich heiß und die Wetterberichte hatten schwere Gewitter und Starkregenfälle in den nächsten Tagen vorausgesagt. Ausgerechnet die Art von Wetter, die eine Besteigung des Hochvogels im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser fallen lassen kann. Als wir am Abend vor unserer Tour aber telefonieren, sieht es so aus, als würde sich die Schlechtwetterfront um einen Tag nach hinten verschieben und wir entscheiden uns, es ist zu wagen!
Mit dem Fahrrad ins Hintersteiner Tal
Voller Motivation packen wir unsere Fahrräder und Tourenrucksäcke am nächsten Tag direkt nach der Arbeit in Daniels Kombi. In Hinterstein schwingen wir uns dann schnell aufs Rad und radeln an der Ostrach immer schön im Schatten Richtung Hintersteiner Tal. Herrlich – bis es schließlich auf der Asphaltstraße im offenen Tal bergauf geht. Irgendwie hatte ich das Hintersteiner Tal als relativ flach in Erinnerung. Heute, am mit 38°C fast heißesten Tag des Jahres, mit einem Rucksack auf dem Rücken und schweren Wanderschuhen am Fuß, fühlt sich die Strecke alles andere als eben an. Ein kurzer Blick auf meine Sportuhr lässt mich dann auch wissen, dass es immerhin doch 555 Höhenmeter mit dem Bike sind.
Mit rotem Kopf versuche ich möglichst jeden noch so kleinen Schatten mitzunehmen und mich nicht verunsichern zu lassen, als der Wanderbus schon das zweite Mal an uns vorbeifährt. Immerhin werden wir fleißig von einigen Wanderern mit den obligatorischen Rufen angefeuert: „Wow, Respekt! Ohne E-Bike!“ Schon jetzt freue ich mich auf den Rückweg, bei dem wir uns offensichtlich lediglich wieder zurück zu unserem Parkplatz rollen lassen müssen. Als ein langer Zaun auftaucht, an dem schon circa 20 Fahrräder festgeschlossen sind, bin ich ziemlich erleichtert!

Durch das Bärgündele-Tal zum Prinz Luitpold Haus
Neben dem Zaun führt ein schmaler Pfad zum Bärgündele Fluss, den wir mithilfe einer kleinen Brücke überqueren. Das anschließende Waldstück ist eine Wohltat für meinen überhitzten Kopf. Mein niedriger Blutdruck scheint heute fest entschlossen zu sein, mir einen Strich durch meine Wanderpläne machen zu wollen. Nach kurzer Zeit erreichen wir den Bärgündele Wasserfall, dessen kühler Pool in diesem Moment unglaublich verlockend wirkt. Salzig tropft die kühle Gischt über mein Gesicht. Hier könnte ich ewig stehen…
Weiter geht es an der urigen Alpe Bärgündle vorbei und ab jetzt verliert der Weg leider etwas von seinem Reiz. In Serpentinen windet er sich durch hohe Büsche und offene Wiesen. Dabei scheint das Prinz Luitpold Haus, das man schon relativ früh sehen kann, heute einfach nicht näher zu kommen. An jeder Kurve muss ich stehenbleiben, um meinen Puls wieder in einen halbwegs aeroben Bereich zu bringen. Mein Kopf ist rot wie eine Tomate und ich wünsche mir einfach nur einen kühlen Kellerraum herbei. Was ist denn heute los mit mir? So langsam verlässt mich das Vertrauen in meinen Körper und in den Gipfelerfolg am morgigen Tag. Dabei habe ich den kurzen Aufstieg zum Prinz Luitpold Haus doch sonst immer easy weggesteckt.



Wir erreichen unser erstes Zwischenziel
Als wir endlich unser Ziel erreichen, bin ich mehr als erleichtert und ziemlich durch den Wind. Die Anmeldung in der Berghütte muss Daniel für mich übernehmen. Selbst die Aussage, dass die Oberstdorfer Hütten in diesem Sommer von einer Bettwanzenplage betroffen sind und wir bitte unsere Hüttenschlafsäcke 1 Minute in der Mikrowelle erhitzen sollen, lassen mich gerade ziemlich unberührt. Als ich endlich auf der Terrasse im Schatten sitze und die lang ersehnte, kühle Cola trinke (auf die ich sonst wirklich nie Lust habe), merke ich direkt, wie der Zucker in meinen Kreislauf schießt. Meine Fingerspitzen fangen an zu kribbeln und das Leben kehrt zurück in meinen Körper.
Wir beziehen unsere Betten im Matratzenlager (im Prinz Luitpold Haus handelt es sich dabei um ein 12-Personen-Zimmer) und genießen den Abend auf der schönen Terrasse. Als die Sonne tiefer steht und die Berghänge von der Fuchskarspitze zum Glühen bringt, stellt sich eine wohlige Zufriedenheit ein. Die Berghütte ist bis auf den letzten Platz gefüllt und um uns herum herrscht ein entspanntes Treiben. Einige Gäste quatschen, genießen ihr Bier, spielen Gesellschaftsspiele oder holen zu späterer Stunde die Gitarre heraus. Ganz ehrlich: ich sollte noch viel mehr Sommernächte auf Berghütten verbringen!
Eine Nacht auf dem Prinz Luitpold Haus
Eine Nacht im Matratzenlager ist bei mir nie wirklich entspannt. 12 fremde Menschen auf engstem Raum, aber vor allem die Aufregung in Anbetracht der morgigen Tour und die Tatsache, dass der Wecker bald schon wieder klingeln wird, versprechen nicht den besten Schlaf. Es hat aber wirklich jeder auf den anderen Rücksicht genommen und als wir uns um 5:30 leise aus dem Zimmer schleichen, fühle ich mich sogar relativ fit. Als wir in der Morgendämmerung der noch leisen Hütte den Rücken zukehren, schwebt eine Stimmung zwischen Spannung und Beschaulichkeit über uns. Von Minute zu Minute wird es heller und die Farben der Landschaft ändern sich gefühlt mit jedem Wimpernschlag.
Leise zeige ich auf die Felsformationen 200 Meter über uns, von der uns zwei Gämsen beobachten. Es wirkt fast so, als wären sie überrascht, so früh schon Wanderer hier oben zu sehen. Wir tun es ihnen gleich und lassen unseren Blick mehrmals zurück zum schlafenden Prinz Luitpold Haus und ins Hintersteiner Tal schweifen. Ich liebe das Gefühl, schon in Bewegung zu sein, während die Welt noch schläft (auch, wenn das nicht allzu oft passiert).



Leichte Kletterei an der Kreuzspitze
Leise wandern wir weiter, bis wir vor der beeindruckenden Felswand der Kreuzspitze stehen. Gar nicht so einfach, in der grauen, zerklüfteten Wand die Stahltritte und -griffe zu identifizieren. Plötzlich hören wir ein Knirschen, dann ein murmelähnliches Geräusch – ein Klackern, das in ein monotones Rauschen übergeht, bis schließlich ein melonengroßer Fels ein paar Meter vor uns in einer Rinne verschwindet. Dies ist wohl der richtige Moment, um den mitgebrachten Helm aufzusetzen. Bedächtig fangen wir an, unseren Weg nach Oben zu suchen. Wie so oft in den Bergen, enthüllt sich auch diese Felswand vor Ort als deutlich einfacher und angenehmer, wie von unten angenommen. Hier und da benötigen wir unsere Arme und zwischendurch stehen wir schon relativ exponiert am glatten Fels, aber mit ein wenig Schwindelfreiheit und Trittsicherheit ist der Weg auch ohne Klettersteigset kein Problem für geübte Wanderer.
Nach kurzer Zeit haben wir den Gipfel der Kreuzspitze seitlich umklettert und finden uns schließlich in einer Scharte zwischen Kreuzspitze und Hochvogel wieder. Von hier können wir auf der linken Seite in den Kalten Winkel hinabblicken und den aktuellen Status des Ganzjahresschneefeldes beurteilen, das momentan eher einen kläglichen Rest als ein ausgewachsenes Schneefeld darstellt. Auf der rechten Seite reicht der Blick schon jetzt über das Hintersteiner Tal bis hin zum Nebelhorn, über dem ein paar Wolken hängen. Hoffentlich lässt das für den Abend angekündigte Gewitter wirklich noch ein bisschen auf sich warten…




Wir erklimmen den Gipfel
Der weitere Weg nach oben ist wieder gut mit roten Punkten gekennzeichnet und trotzdem müssen wir an der einen oder anderen Weggabelung kurz rätseln, wie es weitergeht. Die Tritte und Griffe sind zum Teil doch recht groß und in dem Einheitsbrei aus grauem, zerklüftetem Felsen fällt es schwer, den tatsächlichen Wegverlauf auf den ersten Blick auszumachen. Aber auch der letzte Aufstieg macht eine Menge Spaß und so schiebt sich nach kurzer Zeit das Gipfelkreuz in unser Blickfeld.
Juhuu! Wir sind oben! Eine Sekunde später werden unsere Augen aber auch schon durch den großen Riss abgelenkt, der das Gipfelplateau in zwei Teile trennt. So groß habe ich ihn mir nicht vorgestellt. An seinem Rand habe ich das Gefühl, nicht einfach nur auf einem Allgäuer Berg zu stehen, sondern in ihn hineinschauen zu können… Doch auch die Aussicht ist einfach fantastisch von hier oben. Durch die offene, freistehende Lage des Hochvogels hat man in jede Richtung einen unglaublich weiten Blick auf die Alpen.










Der Abstieg erfolgt über den Kalten Winkel und die Balkenscharte
Nach einer ausgiebigen Pause machen wir uns bereit für den Abstieg, der für kurze Zeit der Aufstiegsroute folgt, kurz vor der Kreuzspitze aber zum Kalten Winkel und der Balkenscharte abbiegt. Wir wandern durch gemäßigtes, karges Schottergelände unterhalb der Balkenspitzen, bis wir schließlich auf der Balkenscharte auf 2172m ankommen. Direkt zwischen Fuchskarspitze und Balken genießen wir den Blick Richtung Schwarzwassertal, bevor wir über die Metalltreppen wieder hinab in die Schotterfelder oberhalb vom Prinz Luitpold Haus steigen.
Wenn möglich, versuche ich immer Rundtouren zu wählen. Durch das mehr an Abwechslung und Ausblicken erscheint der Rückweg kürzer und ehe wir uns versehen, sind wir auch schon wieder zurück am Prinz Luitpold Haus. Hier genießen wir noch einen leckeren Kaiserschmarrn in der Mittagssonne, bevor es durch das Bärgündeletal wieder zu unseren Fahrrädern geht. Zum Glück kann ich den Weg, der mir am Vortag im Aufstieg noch soviel Probleme bereitet hat, heute genießen und so kehren wir an der süßen Alpe Bärgündle erneut für frisch gebackenen Kuchen und hausgemachte Buttermilch ein. Außerdem gibt es nochmal einen ausgiebigen Stopp an dem Bärgündele-Wasserfall, dessen kühle Gischt erneut für eine tolle Erfrischung sorgt.
An der Talstation von der Materialseilbahn angekommen, müssen wir uns lediglich auf unsere Fahrräder setzen und gemütlich das Hintersteiner Tal nach Hinterstein runterrollen… Ich kann euch gar nicht sagen, was für ein schönes Gefühl es war, den frischen Wind im Gesicht zu spüren und einfach nur die Landschaft an mir vorbeiziehen zu lassen. So fühlt sich Freiheit an! :)




Wanderführer über das Allgäu*
Mein Fazit: Die Wanderung auf den Hochvogel
Ganz ehrlich: es gibt landschaftlich schönere Wanderungen im Allgäu! Aber das ist ja nicht alles, worum es beim Bergsteigen geht, oder? Die Besteigung des Hochvogels bietet dir die Chance, den verletzten König des Allgäus noch einmal aus der Nähe zu erleben, bevor auch er Opfer der Vergänglichkeit unserer Natur wird – eine Vergänglichkeit, die auch den klimatologischen Veränderungen geschuldet ist. Der Hochvogel ist momentan von fast allen anderen Allgäuer Bergen leicht zu erkennen. Seine freistehende Pyramide reckt sich bisher machtvoll in den Himmel. Keiner kann voraussagen, wie er nach dem finalen Felssturz aussehen wird, welche Größe er dann noch hat und ob sein Gipfel weiterhin bestiegen werden kann.
Zudem besticht die Wanderung auf den Hochvogel mit einem atemberaubenden, echten Bergerlebnis wie ich es mir von guten Touren wünsche: eine wunderschöne Berghütte, ein leichter Klettersteig, ein atemberaubender Gipfelausblick, ein echtes Naturphänomen, die Chance auf Tiersichtungen und abwechslungsreiches Gelände. Ihr habt schon längere Erfahrung im Bergwandern, seid trittsicher, schwindelfrei und liebt kleine Kletterpassagen? Dann nichts wie rauf auf den Hochvogel!
>> Nicht die richtige Wanderung für euch? Auf meinem Blog findet ihr eine Zusammenfassung von all meinen Touren im Allgäu und meine persönlichen Tipps.
>> Ihr sucht eine weitere Tour, die über das Prinz Luitpold Haus führt? Wie wäre es dann mit der Wanderung auf dem Jubiläumsweg zum Schrecksee?